„Aligner“ - die durchsichtigen Zahnspangen
Gerade Zähne und damit ein schönes Lächeln liegen voll im Trend. Doch nicht nur Kieferorthopäden behandeln Zahnfehlstellungen. Die Anzahl privater Anbieter im Netz boomt. Immer mehr Jugendliche und auch Erwachsene lassen sich mit transparenten Kunststoffschienen, sogenannten Alignern (übersetzt „Ausrichter“), ihre Zahnfehlstellungen korrigieren. Die vermeintlich günstigen Preise der Onlineanbieter sind dabei recht verlockend. Doch sind es die Ergebnisse auch?
Aligner sind vor allem bei der jüngeren Generation sehr beliebt: Sie sind transparent, dadurch nicht sofort sichtbar und zum Essen, zu einem Date oder für ein Selfie lassen sie sich unkompliziert herausnehmen. Seit dem Jahr 2002 sind Zahnstellungen in fünf Schweregrade eingeteilt, die sich Kieferorthopädische Indikationsgruppen (KIG) nennen. Lediglich bei KIG 3, 4 und 5 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten beziehungsweise den größten Anteil. So muss beispielsweise ein Abstand zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen von über sechs Millimetern, ein Kreuzbiss, ein sehr deutlicher Engstand oder aber ein nicht angelegter oder nicht durchbrechender Zahn vorliegen, damit die Krankenkasse den Elterngeldbeutel entlasten kann. Für Erwachsene ist eine kieferorthopädische Behandlung mit wenigen Ausnahmen generell eine reine Privatleistung. Da die Kosten je nach Behandlungsaufwand – für leichtere Alignerbehandlungen werden zwischen 2.000 bis 4.000 Euro, für aufwendigere Alignerbehandlungen bis zu 6.000 Euro fällig – keine Schnäppchen sind, locken scheinbar günstige Onlinelösungen die Verbraucher an.
Doch ein Blick auf den Ablauf einer professionellen KFO-Behandlung und was bei einer solchen Therapie geschieht, relativieren so manches Billigangebot: Grundsätzlich lassen sich unsere Zähne dadurch bewegen, dass eine Zahnspange sie in die gewünschte Richtung drückt. Dafür sind Kräfte nötig, die über die Zahnwurzeln auf den Zahnhalteapparat und letztlich auf die Kieferknochen übertragen werden. „Dabei werden biologische Vorgänge stimuliert, die den Knochen auf der einen Seite der Wurzel abbauen und auf der gegenüberliegenden Seite anbauen“, weiß Prof. Dr. Dr. Bernd Lapatki, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kieferorthopädie und Orthodontie an der Uniklinik in Ulm. „Prinzipiell ist es dabei unerheblich, durch welche Art von Zahnspange Kräfte auf die Zähne ausgeübt werden“, urteilt Lapatki, doch aus seiner umfassenden Erfahrung weiß der Experte, dass sich „Zahnfehlstellungen am besten durch sogenannte feste Zahnspangen – bestehend aus Brackets und Verbindungsdrähten – korrigieren lassen“. Dem gegenüber weisen Aligner bei bestimmten Stellungskorrekturen zwar gewisse Grenzen auf, jedoch lassen sich auch mit dieser, bei der Patientenschaft deutlich beliebteren Therapiemethode, vor allem bei kleineren Fehlstellungen im Bereich der Schneidezähne sehr häufig gute Ergebnisse erzielen.
Bleibt die Frage, wem man sein „gesundes“ Lächeln anvertraut … Natürlich muss dies jeder selbst für sich entscheiden, doch grundsätzlich empfiehlt der Experte eine Therapie bei einem Kieferorthopäden, der regelmäßige Kontrollen durchführt und dabei bei Problemen auch schnell und kompetent eingreifen oder nachsteuern kann. „Die persönliche klinische Untersuchung, Beratung und Aufklärung sind ebenso wie die Einprobe der Spange und vor allem das Überwachen der Behandlung wesentlich“, bekräftigt Lapatki. Zudem kann nur ein Kieferorthopäde oder ein entsprechend versierter Zahnarzt durch Anbringen von kleinen zahnfarbenen Erhebungen auf den Zähnen das volle Bewegungspotenzial von Alignern ausschöpfen. Auch Maßnahmen, die das Ergebnis auf längere Frist stabil halten – wie das Abpolieren der seitlichen Zahnflächen zur Platzschaffung im Zahnbogen oder die Eingliederung eines Drahtretainers am Ende der Therapie – sind laut Lapatki nur bei professionell begleiteten Therapien möglich.
Auch die Ausgangsvoraussetzungen, also der Zustand der Mund- und Zahngesundheit des*der Patienten*in spielt eine wesentliche Rolle. So sollte beispielsweise vor einer Therapie immer im Rahmen eines Besuchs in der Praxis geprüft werden, ob eine Parodontitis oder frakturgefährdete Zähne vorliegen, oder ob relevante allgemeinmedizinische Probleme gegen eine Korrektur der Zahnfehlstellung sprechen. (IZZ/cos)